Artikel rund um den außerordentlichen Bundesparteitag der Piratenpartei am 28./29. Juni 2014 in Halle

Drei von den sieben Mitgliedern des Bundesvorstands der PIRATEN haben ihren Rücktritt erklärt. Dies war am 16. März 2014. An diesem Tag legten Bundesschatzmeister Stefan Bartels, Generalsekretärin Stephanie Schmiedke und der politische Bundesgeschäftsführer Björn Niklas Semrau ihre Vorstandsämter mit sofortiger Wirkung nieder.

 

Sie wollten – so haben sie es in einer Erklärung geschrieben – den Weg für einen außerordentlichen Bundesparteitag frei machen, der einen handlungsfähigen Bundesvorstand wählt, damit klare Entscheidungen über den künftigen Kurs der Partei getroffen werden können.

 

Während andere politische Parteien 35 (SPD), 40 (CDU) oder sogar 49 (FDP) Mitglieder in ihren Bundesvorständen haben, kommen die PIRATEN bisher mit sieben Mitgliedern aus. Nun sind es aber nur noch vier Vorstandsmitglieder.

 

In diesem Fall bestimmt die Bundessatzung in § 9a Absatz 10, dass der Bundesvorstand als nicht handlungsfähig gilt. In einem solchen Fall ist unverzüglich, ohne schuldhaftes Zögern, eine außerordentliche Mitgliederversammlung, also ein außerordentlicher Bundesparteitag, einzuberufen. Außerdem hat der restliche Bundesvorstand, also die nach dem Rücktritt verbliebenen vier Vorstandsmitglieder, zur Weiterführung der Geschäfte eine kommissarische Vertretung zu ernennen. Diese endet mit der Neuwahl des gesamten Vorstands.

 

Bereits einen Tag nach dem Ausscheiden der drei Vorstandsmitglieder hat der „Restvorstand“ Alexander Zinser (kein Vorstandsmitglied) als kommissarische Vertretung der bisherigen Generalsekretärin, Veronique Schmitz (1. Stellvertretende Generalsekretärin) als kommissarische Vertretung des bisherigen Schatzmeisters und Caro Mahn-Gauseweg (Stellvertretende Vorsitzende) als kommissarische Vertretung des bisherigen politischen Geschäftsführers ernannt. Zusätzlich soll Gefion Thürmer (2. Stellvertretende Generalsekretärin) in den Bereichen Spendenwesen/Fundraising und Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb/Zentraleinkauf Veronique Schmitz unterstützen und übernimmt Thorsten Wirth (Vorsitzender) die Verantwortung für die Themenbeauftragten – unterstützend für Caro Mahn-Gauseweg.

 

Weiter regelt die Bundessatzung in ihrem § 9b Absatz 3, dass der handlungsunfähige Bundesvorstand einen außerordentlichen Bundesparteitag einberufen kann. Einen ordentlichen Bundesparteitag im Sinne des § 9b Absatz 2 der Bundessatzung darf er mit Blick darauf nicht einberufen. Denn dazu wäre ein Vorstandsbeschluss notwendig. Als handlungsunfähiger Bundesvorstand kann und darf er aber nur einen einzigen Beschluss fassen, nämlich die Einberufung eines außerordentlichen Bundesparteitags.

 

Diese Einberufung – so wieder § 9b Absatz 3 der Bundessatzung – geschieht schriftlich mit einer Frist von zwei Wochen unter Angabe der Tagesordnung und des Tagungsortes. Er dient ausschließlich der Wahl eines neues Vorstandes.

 

Tatsächlich hat der noch bestehende Bundesvorstand am 3. Mai 2014 [Stimmt das Datum? Bitte prüfen.] gleichzeitig einen außerordentlichen und einen ordentlichen Bundesparteitag am 28. und 29. Juni 2014 in Halle an der Saale einberufen.

 

Hier bestehen zum einen sehr große Zweifel hinsichtlich der geforderten Unverzüglichkeit. Denn unverzüglich erfolgt eine Handlung nur, wenn sie innerhalb einer nach den Umständen des Einzelfalls zu bemessenden Prüfungs- und Überlegungszeit vorgenommen wird. Als Obergrenze für ein unverzügliches Handeln wird durch die Rechtsprechung in der Regel ein Zeitraum von zwei Wochen angesehen.

 

Während die kommissarische Vertretung bereits am nächsten Tag geregelt wurde, dauert es bis zum Versand der Einberufung (Einladung) fast sieben Wochen.

 

Zum anderen ist die Einberufung eines ordentlichen Bundesparteitags dem handlungsunfähigen „Restvorstand“ ausdrücklich nicht erlaubt.

 

Erst der neu gewählte Bundesvorstand ist dann wieder berechtigt, einen ordentlichen Bundesparteitag, also die Mitgliederversammlung auf Bundesebene, einzuberufen. Geregelt wird dies im § 9b Absatz 2 der Bundessatzung.

 

Die Einberufung erfolgt aufgrund eines Vorstandsbeschlusses (oder wenn ein Zehntel der Piraten es beantragen). Der Vorstand lädt jedes Mitglied per Textform (vorrangig per E-Mail, nachrangig per Brief) mindestens sechs Wochen vorher ein.

 

Die Einladung hat Angaben zum Tagungsort, Tagungsbeginn, vorläufiger Tagesordnung und der Angabe, wo weitere, aktuelle Veröffentlichungen gemacht werden, zu enthalten. Spätestens zwei Wochen vor dem Parteitag sind die Tagesordnung in aktueller Fassung, die geplante Tagungsdauer und alle bis dahin dem Vorstand eingereichten Anträge im Wortlaut zu veröffentlichen.

 

Der dienstälteste Landesverbandsvorstand führt übrigens nur dann kommissarisch die Geschäfte, bis ein von ihm einberufener außerordentlicher Bundesparteitag schnellstmöglich stattgefunden und einen neuen Bundesvorstand gewählt hat, wenn der gesamte Bundesvorstand geschlossen zurückgetreten ist oder seine Aufgaben nicht mehr nachkommen kann – zum Beispiel wegen Krankheit oder Abwesenheit. Das sieht § 9a Absatz 11 der Bundessatzung vor.

 

Es wird damit am 28. und 29. Juni 2014 in Halle an der Saale ausschließlich um die Wahl eines neuen Bundesvorstands gehen – um nicht mehr, aber auch um nicht weniger. Denn an diesem Vorstand wird es weitgehend liegen, ob die Piratenpartei Deutschland noch eine Zukunft hat oder nur eine weitere Partei unter den vielen Splitterparteien werden wird.