Artikel zu den Begriffen FDGO, GG und Verfassung

Freiheitlich-demokratische Grundordnung (FDGO), Grundgesetz (GG) und Verfassung. Was haben diese Begriffe gemeinsam? Was steckt dahinter? Darauf will dieser Artikel Antworten geben.

 

Grundgesetz und Verfassung – zwei Begriffe für eine Sache. Als die drei Militärgouverneure der amerikanischen, britischen und französischen Besatzungszone am 1. Juli 1948 den elf Ministerpräsidenten die so genannten Frankfurter Dokumente übergaben, forderten sie diese damit auf, spätestens bis zum 1. September 1948 eine verfassunggebende Versammlung einzuberufen. Ziel der Westalliierten war es, aus der Trizone – dem Vereinigten Wirtschaftsgebiet – einen föderalen Staat zu machen.

 

Die Ministerpräsidenten, die an dem Ziel festhielten, wieder einen ganz Deutschland, also auch das Gebiet der sowjetischen Besatzungszone umfassenden Staat zu gründen, mussten sich zwar letztendlich dazu bereit erklären, entschieden sich aber für den Begriff Grundgesetz, um den provisorischen Charakter zu betonen.

 

Deshalb wurden die vier Mütter und die 61 Väter des Grundgesetzes auch nicht vom Volk, sondern von den Landtagen gewählt und sollte die provisorische Verfassung – das Grundgesetz – auch nicht durch eine Volksabstimmung, sondern durch Abstimmungen in den einzelnen Landtagen verabschiedet werden.

 

So erarbeitete der Parlamentarische Rat das Grundgesetz als provisorische Verfassung für die Bundesrepublik Deutschland. Es sollte bis zu einer Wiedervereinigung Deutschlands gelten und dann von einer Verfassung abgelöst werden, die – ähnlich wie die Verfassung des Deutschen Reichs vom 11. August 1919 („Weimarer Reichsverfassung“) – von einer vom Volk gewählten Nationalversammlung erarbeitet und dann auch vom Volk verabschiedet werden sollte.

 

Als es dann mit dem Einigungsvertrag am 3. Oktober 1990 zum Beitritt der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) zur Bundesrepublik Deutschland kam, wurde der Geltungsbereich des Grundgesetzes auf das Gebiet der neuen Bundesländer und den Ostteil Berlins ausgedehnt. Das Grundgesetz verlor seinen provisorischen Charakter und wurde zur Verfassung des wiedervereinigten Deutschlands. Man hatte sich im Vorfeld ganz bewusst gegen eine neue Verfassung und eine Volksabstimmung ausgesprochen, obgleich es Stimmen gab, die sich dafür eingesetzt haben. Dies hätte aber die Wiedervereinigung verzögert, und man wollte – vor allem auf Seiten der DDR – möglichst schnell die deutsche Einheit herstellen.

 

Was hat es aber nun mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung (FDGO) auf sich? Der Begriff stammt aus dem Grundgesetz. Dort wird er in mehreren Artikeln genannt. Er beschreibt quasi den Kern, das Wesentliche des Grundgesetzes. Dieser ist auch einer möglichen Verfassungsänderung entzogen und muss von allen, die sich an der politischen Meinungs- und Willensbildung beteiligen wollen, vor allem von allen politischen Parteien bedingungslos anerkannt werden.

 

Das Bundesverfassungsgericht als Hüter der Verfassung hat die Inhalte der freiheitlich-demokratischen Grundordnung bereits 1952 präzisiert:

„Freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Art. 21 II GG ist eine Ordnung, die unter Ausschluss jeglicher Gewalt und Willkürherrschaft eine rechtsstaatliche Herrschaftsordnung auf der Grundlage der Selbstbestimmung des Volkes nach dem Willen der jeweiligen Mehrheit und der Freiheit und Gleichheit darstellt. Zu den grundlegenden Prinzipien dieser Ordnung sind mindestens zu rechnen: die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, die Verantwortlichkeit der Regierung, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteienprinzip und die Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition.“

 

In den 1970er Jahren bekam die FDGO durch den so genannten Extremistenbeschluss oder auch Radikalenerlass eine besondere Popularität. Bis in die 1980er Jahre hinein, in Bayern sogar bis 1991 wurde bei Bewerbern für den öffentlichen Dienst durch eine Regelanfrage beim Verfassungsschutz geprüft, ob dieser die Gewähr dafür bietet, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzutreten. Gab es Zweifel, wurde die Bewerbung abgelehnt.

 

Interessant ist in diesem Zusammenhang vielleicht auch die so genannte Ewigkeitsklausel im Grundgesetz. Darunter versteht man die Regelung im Artikel 79 Absatz 3 des Grundgesetzes.

 

Diese besagt: „Eine Änderung dieses Grundgesetzes, durch welche die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung oder die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze berührt werden, ist unzulässig.“

 

Von einer Änderung sind insbesondere der Schutz der Menschenwürde, die Anerkennung der Menschenrechte als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, die Bindung der staatlichen Gewalt an die Grundrechte, das Bundesstaatsprinzip, die Staatsform der Republik (republikanisches Prinzip), das Sozialstaatsprinzip, das Demokratieprinzip, das Prinzip der Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, die Bindung der Gesetzgebung an die Verfassung, die Bindung der Exekutive (ausführende Gewalt) und Judikative (Rechtsprechung) an die Verfassung und das sonstige Recht ausgeschlossen.

 

Diese Verfassungsprinzipien könnten also nur, wenn es denn gewollt wäre, geändert werden, in dem das deutsche Volk gemäß Artikel 146 des Grundgesetzes in freier Entscheidung eine Verfassung beschließt.