E-Mail an die Mitglieder des FDP-Bundesvorstands

Dank für Ihre von Sorge geprägte Beurteilung der Lage der FDP. Ich habe dazu soeben etwas geschrieben. Ich füge es bei. Grüsse Ihr Baum

 

Privatbüro

Gerhart Baum

 

Rechtsanwalt

Bundesminister a.D.

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INTERVIEW VOM 12.12.23. IM REDAKTIONSNETZWERK RND

 

Herr Baum, die FDP wird 75. Was wünschen Sie sich von ihrer Partei zu deren Geburtstag?

 

Ich wünsche mir, dass die FDP mit ihrer liberalen Botschaft mehr Wähler erreicht als bisher. Dafür muss sie diese präzisieren. Und ich wünsche mir, dass sie aus ihrer Tradition als eine Partei der Freiheitsbewegungen schöpft. Die FDP ist nicht nur Ampelpartei zur Lösung akuter Krisen. Sie muss Liberalität umfassender definieren. Welche Rolle muss eine liberale Partei angesichts von fundamentalen weltweiten geopolitischen und geoökonomischen Veränderungen übernehmen mit den gravierenden Folgen neuer Technologien. Wie geht sie auf die wachsende Unsicherheit der Menschen ein? Wie bildet sie Vertrauen? Das Land braucht eine liberale Partei, aber die FDP muss noch deutlicher machen wozu sie gebraucht wird.

 

Wozu braucht es denn die FDP?

 

Natürlich für marktwirtschaftliche Kompetenz, aber diese verknüpft mit der Verantwortung für eine an Werten orientierten Gesellschaft. Aber das ist nicht genug Die FDP müsste aus ihrer Tradition heraus an der Spitze derjenigen stehen, die die Bedrohung der Demokratie und der Freiheit mit allen Kräften bekämpfen, eine Kampagne für unsere Demokratie ist gefordert. Die Freiheit und die Demokratie in unserem Land sind zum ersten Mal nach dem Kriege gefährlich bedroht. Es gibt wachsende Kräfte, die die freiheitliche Ordnung ablösen wollen, die wir nach dem Krieg geschaffen haben. Sie wollen sich ein Deutschland wieder holen, das wir zum Glück überwunden haben. Sie wollen den Weg zu einem Vereinten Europa verlassen. Die Gesellschaft muss sich noch deutlicher wehren - an der Spitze die Freiheitspartei, die ja diese Entwicklungen durchaus kritisiert. Aus dem "Hauch von Weimar", der unsere Freiheit bedroht, ist schon ein spürbarer Luftzug geworden.

 

Was sollte die FDP da tun?

 

Es geht um mehr: Die FDP muss Zukunftsentwürfe für einen modernen Liberalismus erarbeiten. Sie braucht ein umfassendes, in die Zukunft gerichtetes Krisenkonzept, eine Zukunftsvision. Die Welt ist aus den Fugen, wie lange nicht. Außenpolitisches und europapolitisches Profil ist gefordert. Die FDP muss ihre intellektuelle Attraktivität stärken. Und sie darf sich in keinem Fall vom Sog des Rechtspopulismus anstecken lassen. Sie muss für moderne, aufgeschlossene, aufgeklärte Bürger vor allen Dingen in urbanen Bereichen attraktiv sein - gerade jetzt, wo ihre Konkurrenten in Sachen Liberalität schwächeln. Sie muss dem Trend nach rechts widerstehen. Es gibt FDP-Mitglieder, die einen Austritt aus der Koalition fordern, damit die Partei sich inhaltlich finden kann. Dazu soll es auch eine Mitgliederbefragung geben. Das wäre Selbstmord aus Angst vor dem Tode. Wer jetzt ausscheidet und dem Volk einen Trümmerhaufen hinterlässt, der wird bestraft, der kann sich für die nächste Wahl abmelden. Wir müssen alle stärker zusammenrücken. Auch die Opposition. Es hilft nur die Wahrheit: die bequeme Normalität ist zuende.

 

Aus der SPD und von den Grünen gibt es Klagen, dass die FDP in der Ampelkoalition zu sehr auf Blockade setze. Wie sehen Sie das?

 

Die FDP muss besser verdeutlichen, wenn sie berechtigterweise "Nein" sagt, aber in manchen Fällen ihr "Nein" überdenken. Es gibt in der FDP noch immer eine starke Gruppe, an der Spitze der Vorsitzende, die die Sache rational sehen und an einer Handlungsfähigkeit der Ampel arbeiten. Es gibt andere, die mit der Flucht vor der Verantwortung liebäugeln.

 

Verstehen Sie in der Debatte um den Haushalt die Fokussierung der FDP auf die Schuldenbremse?

 

Ich bin schon für eine solide Haushaltspolitik, und die Schuldenbremse steht ja in der Verfassung. Für unverzichtbare Zukunftsinvestitionen gibt es auch heute schon Spielräume und auch für Einsparungen.

 

Das heißt, eine Reform der Schuldenbremse wäre richtig?

 

Ich bin kein Ökonom. Es ist eine Gratwanderung. Denn an stabilen Finanzen geht ja nichts vorbei. Wenn man also die Schuldenbremse neu konzipiert, muss man das gut begründen.

 

Die FDP liegt bei um die fünf Prozent. Manche in der Partei sagen, das sei immer schon so gewesen. Kein Grund zur Beunruhigung also?

 

Für mich ist der Rückblick keine Beruhigungspille. Vor 2013 hatten wir dauerhaft niedrige Werte und flogen aus dem Bundestag. Zur Beruhigung ist heute kein Anlass, eher zur Beunruhigung.

Gesendet: Donnerstag, 14. Dezember 2023 um 19:31 Uhr

Von: "Wolfgang Gerstenhöfer" <wolfgang.gerstenhoefer@gmx.de>

 An: christian.lindner@fdp.de, wolfgang.kubicki@bundestag.de, bettina.stark-watzinger@bundestag.de, johannes.vogel@bundestag.de, Frauke.Sander@lips-fdp.de, michael.theurer@bundestag.de, Lydia.hueskens@fdp-lsa.de, daniela.schmitt@fdp-rlp.de, bijan.djir-sarai@fdp.de, christian.duerr@bundestag.de, moritz.koerner@europarl.europa.eu, hos@fdp.de, marco.buschmann@bundestag.de, marie-agnes.strack-zimmermann@bundestag.de, karl-heinz.paque@freiheit.org, hans-ulrich.ruelke@fdp.landtag-bw.de, steffen.saebisch@bmf.bund.de, volker.wissing@bundestag.de, michael.zimmermann@fdp.de, renata.alt@bundestag.de, zyon.braun@fdp-brandenburg.de, czaja@fdp-berlin.de, rene.domke@fdp.de, marcus.faber@bundestag.de, Brandmann@julis.de, otto.fricke@bundestag.de, ombudsmitglied@fdp.de, hagen@fdp.de, torsten.herbst@bundestag.de, katja.hessel@bundestag.de, henning.hoene@fdp.de, maren.jasper-winter@fdp-berlin.de, gyde.jensen@bundestag.de, daniela.kluckert@bundestag.de, w.knell@ltg.hessen.de, pascal.kober@bundestag.de, lukas.koehler@bundestag.de, carina.konrad@bundestag.de, michael.kruse@fdp-hh.de, konstantin.kuhle@bundestag.de, oliver.luksic@bundestag.de, r.rock@ltg.hessen.de, schaeck@fdp-bremen.de, ria.schroeder@fdp.de, anja.schulz@fdp-nds.de, judith.skudelny@bundestag.de, linda.teuteberg@bundestag.de, stephan.thomae@bundestag.de, florian.toncar@fdp.de, gerald.ullrich@bundestag.de, christopher.vogt@fdp.ltsh.de, sandra.weeser@bundestag.de, nicole.westig@bundestag.de, meisenbach@universum.com, nemir@julis.de, Jacqueline.Krueger@fdp.de, detlef.parr@gmx.de, kurtz@bundes-lhg.de, annett.witte@freiheit.org, meyer@fdp-berlin.de, maass@fdp-sachsen.de, landesverband@fdpsh.org, sonja.jacobsen@fdp-hh.de, frank.hoffmeister@fdp-europa.eu, michael.kauch@fdp.de

Cc: info@gerhart-baum.de

Betreff: Die Zukunft der FDP - Liberalismus oder Populismus?

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

da die FDP zwischen 1983/84 und 2011/12 meine politische Heimat gewesen ist und ich die Hoffnung auf eine liberale, auf die Liberale Partei Deutschlands nie aufgeben werde, ist mir die Partei, die Sie führen und vertreten dürfen, nicht nur nicht gleichgültig, sondern sehr wichtig.

 

Als sich die für die FDP verantwortlichen Personen für die sogenannte Ampelkoalition, also eine sozialliberale Koalition mit der Partei "Bündnis 90/Die Grünen" und der SPD entschieden haben, hat mich das im Interesse unseres Staates und seiner Bürger sehr gefreut und hatte ich gehofft, daß dies auch dazu führen wird, die Liberalen in der FDP und damit auch das liberale Profil wieder zu stärken.

 

Ich sehe mich da ganz auf der Linie des Grandseigneurs des (deutschen) Liberalismus, Gerhart Rudolf Baum, der nach wie vor Mitglied der FDP ist und sie hoffentlich auch noch möglichst lange konstruktiv-kritisch begleiten kann.

 

Sie haben am 75. Geburtstag der FDP beschlossen, in den nächsten Tagen auf Antrag von 598 Mitgliedern eine digitale Mitgliederbefragung einzuleiten - zur Frage "Soll die FDP die Koalition mit SPD und Grünen als Teil der Bundesregierung beenden?" mit den Antwortoptionen Ja oder Nein.

 

https://www.merkur.de/politik/fdp-mitgliederentscheid-abstimmung-ueber-ampel-ende-koalition-mitgliederbefragung-92723430.html

 

Das Ergebnis dieses Mitgliederentscheids wird für Sie nicht bindend sein, sondern dient lediglich der Meinungsbildung. Die endgültige Entscheidung über das Schicksal der Ampelkoalition und damit der FDP liegt bei Ihnen.

 

Leider kann ich mir mit Blick darauf, welche Wähler und damit auch Miglieder von den Repräsentanten der FDP vor allem seit dem 6. Januar 2015 ("Frei(heitlich)e Demokraten statt Liberale") angesprochen und angeworben wurden und welche Kommentare man so in den sogenannten sozialen Netzwerken lesen kann, gut vorstellen, daß sich eine Mehrheit der sich an der Abstimmung beteiligenden Mitglieder frei nach dem Motto "Es ist besser, nicht zu regieren als falsch zu regieren." gegen einen Verbleib in dieser sozialliberalen Koalition und für ein Ausscheiden aus der Bundesregierung entscheidet.

 

Dies wäre nach meinem Endruck fatal für die FDP. Es würde wahrscheinlich zu einer vorgezogenen Bundestagswahl kommen, bei der die FDP erneut an der Sperrklausel scheitern könnte. Dieses Risiko halte ich für sehr hoch.

 

Sie hätte zwar dann noch einmal die Chance, zu der liberalen Partei zu werden, die zumindest die Liberalen vor 75 Jahren gründen wollten. Diese Chance hat man bekanntlich zwischen dem 22. September 2013 und dem 6. Januar 2015 nicht genutzt, sondern vertan, Trotzdem bleibt das Risiko, daß die FDP ganz aus dem Parteienspektrum verschwindet und sich die Liberalen endgültig auf die Parteien "Bündnis 90/Die Grünen", CDU/CSU, SPD und diverse Klein- und Kleinstparteien verteilen.

 

Dies wäre nach meiner Überzeugung eine ziemliche Katastrophe für den Liberalismus in Deutschland, auch wenn ich die "neue" FDP á la Lindner und Kubicki nicht für eine liberale Partei halte. Sie hat aber unverändert die besten Aussichten, diese (wieder) zu werden.

 

Die Tatsache, daß ich Ihnen schreibe, zeigt, daß ich noch daran glaube, in Ihnen Liberale anzusprechen. Ich appelliere an die Liberalen unter und in Ihnen.

 

Sorgen Sie dafür, daß die von der Ampelkoalition gebildete Bundesregierung und Bundestagsmehrheit eine sozialliberale Erfolgsgeschichte wird, bekennen Sie sich dazu, versuchen Sie nicht länger, gleichzeitig Regierung und Opposition zu sein, und entscheiden Sie sich ohne Wenn und Aber zum [für den] Liberalismus, ganzheitlich und konsequent, freiheitlich und gleichzeitig sozial.

 

Der liberale und demokratische Verfassungs- und Rechtsstaat mit den garantierten Menschen- und Bürger-, Grund- und Freiheitsrechten und die liberale und damit soziale und ökologische Marktwirtschaft mit dem liberalen Sozialstaat, den [der] den Rahmen für Vielfalt, Wettbewerb, Transparenz und Telhabe setzt, sind zwei Seiten der einen liberalen Medaille, gehören untrennbar zusammen, Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, Freiheit und Verantwortung.

 

Mit freundlich-liberalen Grüßen

Ihr Wolfgang Gerstenhöfer

 

https://gerstenhoefer.jimdofree.com/aktuelles/11-und-12-dezember-2023/

 

https://gerstenhoefer.jimdofree.com/aktuelles/liberale-partei/fdp-liberale-partei/